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Flutkatastrophe 2002

Heute ist Sonntag der 11. August 2002 : Ich habe meinen freien Tag und gehe nach dem Mittagessen mit meiner Frau durch Pirna spazieren. An der Eisdiele "Alfredo" setzen wir uns an einen Tisch, bestellen zwei Eisbecher und genießen den sonnigen Nachmittag auf der Dohnaischen Straße. Auf dem Nachhauseweg ziehen dunkle Wolken auf. Um 18.00 Uhr fängt es an zu regnen. Es regnet die ganze Nacht hindurch.

Montag, 12.August 2002: Es regnet bis 10.00 Uhr, ich hätte zwar einiges in der Stadt...

... zu erledigen, kann mich aber in Anbetracht des wolkenverhangenen Himmels nicht dazu durchringen, in die Stadt zu gehen. 12.00 Uhr regnet es wieder in Strömen und ich freue mich zu Hause geblieben zu sein. 17.00 Uhr laufe ich mit meiner Tochter von der Kohlbergstraße zu meiner Garage auf der Seminarstraße. Die Seidewitz ist ein reißender Bach geworden. Als wir die Gottleuba an der Kohlmühle überqueren, treibt ein großer Baumstamm auf die Brücke zu. Eine gewaltige Erschütterung ist zu spüren, als der Baumstamm gegen die Brücke kracht. Mit dem Auto fahre ich nun meine Tochter zum Reitunterricht nach Niederseidewitz. Bei der Schule in Zehista ist die Straße plötzlich überschwemmt. Ich wende und fahre über Dohma Richtung Bahratal. Hier das gleiche Bild. Ich kehre um und stelle mein Auto wieder in die Garage. Wir gehen nun am Südbahnhof entlang nach Hause. Die Seidewitz schwappt schon an die alte Eisenbahnbrücke. Nach dem Abendbrot, um 19.00 Uhr sehe ich zum Küchenfenster hinaus, weil auf der Kohlbergstraße viele Menschen aufgeregt umherlaufen. Trotz des immer noch starken Regens gehe ich mit meiner Tochter nachschauen. Der Seidewitzbach hat die Kohlbergstraße von der Zehistaer Straße bis zur Fritz-Ehrlich-Straße überflutet. Ebenso ist die Einstein-Straße völlig überschwemmt, die Maxim-Gorki-Straße und die Feldschlößchenkreuzung stehen unter Wasser. Der Park am ehemaligen Pionierhaus gleicht einer Sumpfaue. Es regnet die ganze Nacht weiter.

Dienstag, 13.August 2002: Ich laufe um 6.00 Uhr zum "Lindigt", will sehen ob ich über die Seidewitzbrücke komme. Der Anblick des reißenden Flusses, der durch die Gärten der Einfamilienhäuser strömt und die Brücke überschwemmt hat macht dieses Vorhaben zunichte. Ich gehe ein Stück auf dem alten Bahndamm und dann durch die Kleingartenanlage "Sonnenblick" wieder nach Hause. Das Wasser fließt langsam in die Gartenanlage, kommt aber bald zum Stillstand. Nachdem ich meine Dienststelle telefonisch informierte, dass ich nicht auf Arbeit kommen kann, setzte ich mich an den Computer um die Geschehnisse aufzuschreiben. 9.00 Uhr ging der Computer aus, Stromsperre. Es regnet immer noch stark. Um 20.00 Uhr hört der Regen nach nunmehr 48 Stunden auf.

Mittwoch, 14.August 2002: Es regnet nicht und die Seidewitz ist in ihr Flußbett zurückgekehrt. Ich fahre zu meiner Dienststelle, der Rettungswache des DRK in Pirna-Zehista. Im Dienstraum der Rettungswache blicke ich in die erschöpften Gesichter meiner Kollegen, die seit 24 Stunden im Einsatz waren und noch zusätzlich die Garagen vom eindringenden Schlamm der Seidewitz befreit haben. Durch unseren Einsatzleiter werden alle nun ausgeruht erschienenen Kollegen zur Besetzung der Rettungswagen eingeteilt. Zuerst wird das alte Notstromaggregat hervorgeholt. Es stand zwar auch im Wasser, aber eine Spritze Benzin in den Zylinder, die schon etwas verrostete Kerze eingeschraubt, den Kickstarter kräftig durchgetreten und die unverwüstliche Russentechnik knattert lautstark und gibt Strom für die Rettungswache. Bei einigen Kollegen piepsen die Funkmelder am Gürtel, das bedeutet Einsatzalarm. Die alarmierten Rettungswagen fahren mit Blaulicht und Sirene vom Hof. Wir restlichen Kollegen räumen inzwischen den Schlamm vom Hof. Jetzt vibriert auch mein Funkmelder. Mein Kollege nimmt den Notfalleinsatz am Funkgerät entgegen, ich starte den Rettungswagen und fahre los. Nach Beendigung dieses Einsatzes erhalten wir über Funk gleich den nächsten u.s.w.. Gegen Mittag haben wir eine kleine Verschnaufpause und fahren zur Wache zurück. Die Geschäftsführerin des DRK-Kreisverband Pirna hatte in der Zwischenzeit Getränke, belegte Semmeln und eine Thermoskanne Kaffee zur Wache gebracht. Eine Stärkung die gut tat. Am Nachmittag gingen die oft schweren Rettungseinsätze weiter. Als wir zu einem Notfallpatienten nach Heidenau gerufen wurden, musste ich mir einen Weg durch die von Schlammassen der Müglitz verwüstete Stadt Heidenau suchen. Gegen Abend wurde unser Rettungswagen zu einigen Evakuierungen von älteren, hilfsbedürftigen Menschen aus ihren vom Hochwasser der Elbe bedrohten Häusern gerufen. In Zusammenarbeit mit den Kameraden der Feuerwehr und den Beamten des Bundesgrenzschutz wurden die Leute in Schlauchbooten zu uns gebracht. Gegen 20.00 Uhr fuhr ich vom Steinplatz zur Lange Straße bereits durch bis an den Auspuff des Rettungswagen reichendes Wasser. Zwei Turnhallen, eine auf dem Sonnenstein und eine in Copitz waren die Notunterkünfte für viele Pirnaer für bange Stunden um ihre Wohnungen. In der Nacht hatten wir weniger Einsätze als am Tag.

Trotzdem war ich froh, als um 6.00 Uhr am Donnerstag nach 24 Stunden die Schicht zu Ende war. Wieder zu Hause angekommen, gab es eine erfreuliche Nachricht, der elektrische Strom war wieder da. Dafür gab es aber kein Fernsehbild. Man konnte die Nachrichten über die Flutkatastrophe nur noch im Radio verfolgen. Ein paar Stunden Schlaf, dann ging ich in die Stadt Pirna. Das Elbehochwasser hatte bereits den Untermarkt geflutet. Am Kirchplatz reichte die Flut bis an den Brunnen am "Deutschen Haus". Über mir kreisten mehrere Hubschrauber des Bundesgrenzschutz.

Freitag 16.August 2002: Ich werde vom Einsatzleiter auf einen Krankenwagen eingeteilt. Krankentransporte gibt es an diesem Tag fast keine, da viele Arztpraxen wegen des Hochwassers geschlossen sind. So bekomme ich den Auftrag vom Einsatzleiter die Rettungsmannschaft in Bad Schandau mit neuen Sauerstoffflaschen, frischer Dienstkleidung und Verbrauchsmaterialien zu versorgen. Da das Elbtal überflutet ist, muss ich einen großen Umweg über Hohnstein fahren. Nachdem ich unseren Rettungswagen mit allem beliefert habe, bleibt mir noch Zeit nach der erst kürzlich neu eingeweihten Rettungswache in Bad Schandau zu sehen. Von dem Gebäude schaute nur noch das obere Stockwerk raus, die Garagen waren vollständig geflutet. Copitz-West gleicht einer Geisterstadt. Alle Einwohner wurden vorsorglich evakuiert. Militärposten stehen an jeder Straßenecke um das Stadtviertel vor Plünderern zu schützen. Die alte Elbbrücke ist nicht mehr befahrbar und die neue Sachsenbrücke ist von Polizei gesperrt, nur Rettungsfahrzeuge dürfen passieren. Als mein Dienst zu Ende war, fuhr ich mit dem Fahrrad in die Innenstadt von Pirna. Um 17.30 Uhr war der Markt völlig von Wasser bedeckt, sodass man mit dem Kahn um das Rathaus fahren konnte. 18.00 Uhr war vom Brunnen am "Deutschen Haus" nur noch der Wasserspeier zu sehen. Der Kirchner betankte gerade eine Wasserpumpe, die das eindringende Wasser aus dem Keller der Marienkirche hinausbeförderte. In der Schmiedestraße stieg das Wasser bis an den Durchgang zur Gerichtsstraße. Der Friedenspark war völlig überflutet. In der Breite Straße stieg das Wasser bis zum Café Schreiber. Die Bundesstraße 172 war in Höhe Parkhaus, VW-Autohaus überflutet, ebenso an der Kreuzung zur Einstein-Straße.

Sonnabend 17.August 2002: Ein sonniger Tag. Meine Familie und ich gehen über den Sonnenstein zum Mädelgraben. Auf dem Patrouillenweg unterhalb der Festung Sonnenstein kann man das ganze Ausmaß der Überflutung sehen. Die Häuser an der Elbe sind meist bis zum ersten Stockwerk im Wasser. Man sieht aber einen leichten Rückgang der Flut an den Gebäuden.

Sonntag 18.August 2002: Sehr heiß und sonnig. Das Wasser geht schnell zurück. Feuerwehr und Technisches Hilfswerk pumpen Keller und Höfe aus. Viele Geschäftsleute beginnen mit Aufräumungsarbeiten in ihren Läden. Bei Schuh-Eppstädt wurde eine Schaufensterscheibe durch das Wasser eingedrückt.

Montag 19.August 2002: Es gibt viele Staus, da die meisten Straßen noch voller Schlamm sind. Um nach Reinhardsdorf zu gelangen muss ich einen großen Umweg fahren. Königstein ist gesperrt.

Dienstag 20.August 2002: Fuhren wir mit dem Krankenwagen einige Patienten aus ihren Notquartieren zurück in die Wohnungen.

Mittwoch 21.August 2002: Mit dem Rettungswagen werden wir öfters in die Altstadt von Pirna gerufen, um Helfer, die sich bei Aufräumungsarbeiten verletzt haben, erste Hilfe zu leisten. Die Abfallberge aus den überfluteten Häusern türmen sich meterhoch. Es liegt ein Gestank von faulendem Schlamm und Heizöl in der Luft.

Donnerstag 22.August 2002: Zwei Rettungsassistenten vom DRK-Bautzen fahren auf den Rettungswagen mit. Die Notfalleinsätze haben sich fast verdoppelt. Es gibt wieder Fernsehen.

Freitag 23. August 2002: Heute fahren zwei Rettungsassistenten vom ASB-Bischofswerda auf den Rettungswagen mit. Durch diese Hilfe können zwei unserer Kollegen ein weiteres Rettungsfahrzeug besetzen.

Samstag 24.August 2002: Ich gehe in die Altstadt von Pirna, um mir ein Bild über die Hochwasserschäden an einigen berühmten Sehenswürdigkeiten meiner Heimatstadt zu machen. Als ehrenamtlicher Stadtführer kenne ich viele alte Hochwassermarken an Gebäuden der Stadt. Zuerst besuchte ich den kleinen Faun vor der "Deutschen Bank", meine Lieblingsstatue. Hier stand das Wasser 1,99m hoch. Der Faun war also völlig unter Wasser gewesen. Mein nächster Weg ging in die Klosterkirche. Hier stand das Wasser 2,25m hoch im Kirchenraum. Nun führt mich mein Weg durch die Stadtbibliothek. An den Stufen zum "Gotischen Saal" ist die bisher höchste Wassermarke vom März 1841 angebracht. Dieses Jahr 2002 reichte das Wasser noch viel höher! An der Einmündung zur Lange Straße ist die Dohnaische Straße total aufgerissen. Als ich am "Gerberhaus" vorbeikomme, messe ich die Höhe des Hochwasserstandes. 2,65 m lese ich am Maßstab ab. Am ehemaligen Gasthaus "Zum Anker" ist eine weitere Hochwassermarke aus dem Jahre 1784 angebracht. Meine Messung der Flut 2002 zeigt 3,48 m an. Also 1,28 m über der alten Marke. Gegenüber am Haus Steinplatz 2 stand das Wasser von der Straße gemessen 2,65 m. Auf dem Weg zum Marktplatz habe ich die Wasserhöhe an Gasthaus "Zum Schwan" gemessen 1,46 m. Am Rathaus vom Untermarkt maß ich 1,51 m, Rathaus Obermarkt 1,32 m. Die Goetheschule stand 1,86 m im Wasser. Selbst mitten auf der Nicolaistraße am Stromhäuschen stand das Wasser 1,35 m hoch. August Petermann, ein Goldschmied, beschreibt in seiner Chronik aus dem Jahre 1729 im Kapitel 19 auf 5 Seiten von schrecklichen Hochwasserkatastrophen der Jahre 1412 bis 1729. Er besaß das Melzerhaus am Schifftor auf der Lange Straße und war öfter selbst vom Hochwasser der Elbe betroffen. Die Hochwasserkatastrophe im Jahre 2002 übertrifft alle bisher beschriebenen Flutkatastrophen!!! Leider waren bei dieser Flutkatastrophe auch Menschenleben zu beklagen. Besonders tragisch war der Tod von einem Feuerwehrmann, der bei einem Rettungseinsatz ums Leben kam.



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